StZ Südwestdeutsche Zeitung 05.05.1998

 

Landeskonservator warnt vor Verfall von Denkmälern.

Sanierung großer Projekte zehrt fast alle Mittel auf - Kleinere Reparaturen haben minimale Chance auf Förderung - Gutachten kaum mehr finanzierbar

mag. STUTTGART. Nach zwei Jahren Sparkurs der Landesregierung droht der Denkmalpflege in Baden-Württemberg nicht wiedergutzumachender Schaden. "Ich bin in Sorge um die Kulturlandschaft im Südwesten'', sagte der Präsident des Landesdenkmalamtes, Dieter Planck, in einem Gespräch mit der "Stuttgarter Zeitung''. Weil seit zwei Jahren die Fördermittel um die Hälfte auf 30 Millionen Mark verringert wurden, könnten neue Hilfszusagen nicht mehr gemacht werden. Die verbleibenden Gelder würden hauptsächlich durch laufende Sanierungsmaßnahmen großer Projekte verschlungen wie beispielsweise die Erhaltung und Erneuerung von Kloster Neresheim, des ehemaligen Zisterzienserklosters Bronnbach bei Wertheim, dem Ulmer oder dem Freiburger Münster. Leer gehen im Augenblick vor allem die "kleinen'' Denkmaleigentümer aus, die auf Jahre hinaus keine Chance der finanziellen Unterstützung haben.

"Man kann wohl eine Zeitlang sparen'', bemerkte Planck, "dann kommt aber der Zeitpunkt, an dem es an die Substanz geht.'' Nachdem die Denkmalpflege im Lande zwanzig Jahre höchsten Stellenwert genossen habe, sei das politische Interesse dafür merklich geringer geworden. Das drücke sich deutlich in der Halbierung der Fördermittel aus, die im Südwesten nicht aus Steuereinnahmen, sondern aus Lottogeldern finanziert werden. Schlimmer komme es jedoch mit dem Denkmaletat 1998, bei dem die Regierung 20 Prozent mit einem Sperrvermerk versehen hat. ¸¸Wir haben dieses Jahr bereits das Geld bis zum Jahr 2001 ausgegeben'', betonte Landeskonservator Franz Meckes, Chef der Baudenkmalpflege. Dabei handelt es sich um Verpflichtungsermächtigungen, bindende Zusagen der Behörden auf finanzielle Unterstützung eines Vorhabens.

"Eigentlich haben wir für dieses Jahr überhaupt kein Geld mehr zum Ausgeben'', beklagte Planck. Die Sparmaßnahmen treffen neben den Denkmaleigentümern aber auch das gesamte Umfeld, angefangen bei den Archäologen, endend bei den Gutachtern und anderen Spezialisten. Das ist für den Denkmalchef besonders bitter, weil dieses "Umfeld'' in den Denkmalämtern anderer Bundesländer Teil der Behörde ist und daher permanent verfügbar. Gerade bei schwierigen Fällen brauche man immer wieder gutachterlichen Rat, um dem Denkmaleigentümer eine akzeptable Lösung anbieten zu können. Diese Beratertätigkeit falle nun meist weg.

Vor diesem Hintergrund gewährt Franz Meckes den Bittstellern landesweit nur noch minimale Bewillungsbescheide für eine Bezuschussung in der Zukunft. Verschiedene Bittsteller mußte Planck in den letzten Tagen abweisen und erntete dabei nur Unverständnis. Jahrelang hatte sich beispielsweise der Renchener Bürgermeister für den Erhalt und den Kauf des historischen Simplicissimus-Hauses eingesetzt. Jetzt, da er dafür staatliche Mittel braucht und diese vor dem Gemeinderat und den Bürgern seines Ortes auch als Anerkennung seines Engagement sähe, ist der Zuschußtopf leer. Mit den Worten, "damit dürfte das Thema Denkmalschutz in Renchen gestorben sein'', verabschiedete sich der Bürgermeister. "Und was sollen wir beispielsweise in Salem machen?'' fragte Meckes. Dort bröselt die kostbare Bauzier an der Fassade des früheren Zisterzienserklosters. Der Eigentümer, der Markgraf von Baden, kann die Millionen dafür nicht aufbringen. "Im Augenblick könnte man die Originale noch retten, in fünf Jahren nicht mehr.''

Die Denkmalpolitik, lange Zeit auch Aushängeschild der Landesregierung, sei an einem Punkt angelangt, an dem sie das zu verspielen droht, was in zwei Jahrzehnten aufgebaut wurde, betonte Präsident Planck.