StZ Kreis Esslingen 22.04.1998

 

Hobbyarchäologen auf den Fildern

Freiwillige als "Wühlmäuse''

Während sich die Wissenschaftler immer noch streiten, ob es sich bei keltischen Viereckschanzen um befestigte herrschaftliche Gutshöfe oder um eingefriedete Kultstätten handelt, wühlen sich andere lieber durchs Erdreich, in der Hoffnung, aus diesem weitere archäologisch interessante Zeugnisse zutage zu fördern.

Seit drei Jahren graben Volunteers, die sich bei dem Projekt "Archäologische Ausgrabungen'' engagieren, im Gewann Zeiläcker, einem Gelände am nordöstlichen Rand des Filderorts Stetten. In Zusammenarbeit mit der Stadt Leinfelden-Echterdingen und angeleitet von Fachleuten des Landesdenkmalamts, haben die 27 Hobbyarchäologen in mittlerweile über 10.000 geleisteten Arbeitsstunden interessante Funde gemacht, die derzeit in einer Ausstellung in den Räumen der Kreissparkasse in Echterdingen zu sehen sind.

Hermann Holzinger und Christina Elsässer vom Stadtseniorenrat in Leinfelden-Echterdingen haben das Projekt 1995 initiiert. Über das Angebot in der jährlich erstellten Volunteers-Broschüre des Landkreises fanden sie in kürzester Zeit genügend Freiwillige aller Altersgruppen. Die jüngeren wollen sich oftmals auf ein Archäologiestudium vorbereiten, die älteren möchten den Übergang vom Berufsleben in den Ruhestand fließend gestalten.

Andere wiederum erfüllen sich damit einen Jugendtraum. So wie Anne Finkbeiner, deren Vater von ihren archäologischen Ambitionen nicht begeistert war und deshalb meinte: "Lern was Gscheits.'' Sie ist ganz begeistert von der spannenden Atmosphäre, die beim Bergen der Fundstücke entsteht. "Das ist schon toll, wenn man plötzlich an ein Schienbein stößt'', erzählt sie anschaulich aus der Praxis. Neben vielen Scherben, die in mühseliger Puzzlearbeit zusammengesetzt werden müssen, haben die Hobbyarchäologen auch zwei Gräber gefunden, deren Alter noch nicht genau bestimmt ist, die eventuell jedoch aus römischer Zeit stammen. Darauf weise die Verwendung von Ziegelsteinen hin, wie Anne Finkbeiner fachmännisch erklärt. Insgesamt vier Kulturschichten sind entdeckt worden. Die ältesten Funde haben beinahe 7000 Jahre auf ihrem Scherbenbuckel. Bandkeramik nennt sich die Kultur der Jungsteinzeit, die nach der charakteristischen Verzierung ihrer Tongefäße benannt wurde.

Eine eiserne Gürtelschnalle und eine Fibel (Gewandschließe) haben die Volunteers im Bereich der keltischen Viereckschanze gefunden. Auch braunrotglänzende "terra sigillata'', das Luxusgeschirr der Römer, die das Neckarland von 90 n. Chr. an besiedelten, ist ans Tageslicht gebracht worden. Ein Höhepunkt der Ausgrabungen war die Entdeckung eines alamannischen Haarkamms, erinnert sich Anne Finkbeiner. An dem dreieckigen Griff aus Rinderknochen, den ein schönes Punktmuster ziert, ist mit Kupfernieten eine Platte aus Geweihknochen befestigt, aus der die Zähne herausgesägt wurden.

Volunteers betreuen die Ausstellung, die bis zum 7. August zu sehen ist, und bieten auf Anfrage auch Führungen an.(...) asm