StZ Kreis Böblingen 17.03.1998

 

Sanierung zur 750-Jahr-Feier in Leonberg

Neue Farbe fürs Rathaus

Bis Mai soll das mittelalterliche Fachwerk auf Vordermann gebracht sein

LEONBERG. Leonbergs Bürger müssen sich umstellen. Ihr Altes Rathaus, das im Mittelalter gebaut worden war, wird bald neue Farben tragen. Das bislang mehr in dunklem Rotbraun zu bewundernde Fachwerk wird alsbald ¸¸in einer Art Goldocker'' auf sich aufmerksam machen, wie Guntram Kraus vom Hochbauamt der Stadt bestätigt. Außerdem erhalten die Giebelgefache einen blauen, die unteren Gefache einen schwarzen Beistrich, der sich vom hellen Putzanstrich gut abhebt. Was noch auffallen wird: Die vorhandenen Lamellen-Fensterläden werden nicht mehr aufgehängt. ¸¸Die gab's damals nicht'', blendet Kraus in die Entstehungsgeschichte des Alten Rathauses zurück - schon gar nicht in der Ausführung mit Lamellen. Die Fensterläden waren schon vor geraumer Zeit abgehängt und im Bauhof eingelagert worden, weil sie mürbe und brüchig geworden waren und ihr Herabfallen befürchtet wurde.

Die Neuigkeiten sind mit dem Landesdenkmalamt abgesprochen worden. Von dort kam schließlich grünes Licht. Fürs meiste Aufsehen sorgen wird sicherlich der neue Farbton des Rathaus-Fachwerks. Das ¸¸Goldocker'' beschreibt Kraus als ¸¸viel schöner'' im Vergleich zu ockerfarbigem Fachwerk an anderen Altstadtgebäuden. So hatte die neue Ocker-Farbe insbesondere an einem Fachwerkgebäude am Marktplatz, das eine Bankfiliale beherbergt, vor Jahren zu einer hitzigen öffentlichen Debatte über die Ästhetik neuer Farben geführt. Das plötzlich ins Gerede gekommene Bank-Gebäude ist inzwischen von den Bürgern akzeptiert worden, auch mit dem ungewohnten Ocker-Ton.

Vor gut zwanzig Jahren, so erinnert sich Christa Strecker, die im Rathaus für Sanierung und Denkmalschutz zuständige Frau, habe noch Braun als Fachwerk-Farbton in der Leonberger Altstadt vorgeherrscht. Diese Ton hat seine Spuren auch bei den Leonbergern hinterlassen. Neue Farbnuancen erscheinen demnach zunächst als ungewohnt. Andererseits hat sie andernorts auch schon ¸¸graues Fachwerk'', das in einem Verwitterungs-Ton gestrichen war, bewundert. Und in Tübingen ist ihr beispielsweise ¸¸weißes Fachwerk'', das überkalkt war, aufgefallen.

¸¸Wir haben vier verschiedene Farbschichten gefunden'', bestätigt Guntram Kraus, bei dem die Fäden für die Sanierung des Alten Rathauses zusammenlaufen. Die Entscheidung fiel schließlich für die Goldocker-Version. Die Farbfunde im Giebelbereich haben auch Christa Strecker überrascht. Rot und Blau fand sich dort als Beistrich, sozusagen die farbige Einfassung der Gefache. ¸¸War schon frech'', beschreibt sie die frühere Farbwirkung. Immerhin seien es ¸¸kräftige Töne wie bei der französischen Nationalflagge'' gewesen. Andererseits passe diese Farbgebung ¸¸nicht so richtig zum barocken Befund''.

Bis Mai dieses Jahres soll das derzeit noch rundum eingerüstete und somit vor neugierigen Blicken abgeschirmte Alte Rathaus in neuer Farbe strahlen. Die Vorgabe für die rund 1,1 Millionen Mark teure Sanierung war klar: das Alte Rathaus muß zum Beginn der 750-Jahr-Feier fertig sein. Somit haben die Handwerker notfalls noch einen Puffer, denn die offiziellen Feiern beginnen erst im Juli, das Finale ist für den Februar des nächsten Jahres vorgesehen. Da es unterschiedliche Urkunden für die erste Nennung der Stadt gibt, feiert Leonberg sowohl in diesem als auch im nächsten Jahr.

Das Alte Rathaus war etwa 1480 als spätmittelalterlicher Bau fertiggestellt worden. Fachleute loben das teilweise noch sichtbare schöne alemannische Fachwerk und schwärmen von der ¸¸Mannkonstruktion'' nebst ¸¸Verblattung'', beides handwerkliche Kniffe, um die statischen Bauwerkskräfte über die massive Holzbalkenkonstruktion abzuführen. Die Verblattung wurde später verboten. Früher diente das Rathaus nicht nur als Magistratssitz, sondern auch als Bürgerhaus, Lagerschuppen und Kaufhaus. zel