StZ Südwestdeutsche Zeitung 20.01.1998

 

Kommunalverbände schlagen Ausdünnung der Ministerien vor

Lange Liste von Prüfvorschlägen für Verwaltungsreform: Schulämter schließen, Bildstellen fusionieren - Kreise offenbar zur Abgabe von Kompetenzen bereit

luß. STUTTGART. Die kommunalen Spitzenverbände erteilen der baden-württembergischen Landesregierung Nachhilfe bei der Verwaltungsreform. Daß Städte-, Gemeinde- und Landkreistag unzufrieden mit den Anstrengungen der Landesregierung sind, ihre Verwaltung zu modernisieren und zu straffen, ist beim Streit ums Geld in den vergangenen Monaten immer wieder deutlich geworden. Jetzt aber treten die Repräsentanten der Kommunen dem für die Verwaltungsreform zuständigen Innenminister Thomas Schäuble (CDU) auf die Füße und legen eine lange Liste von konkreten Prüfvorschlägen vor. Ihr Urteil über die bisherigen Reformbestrebungen des Landes fällt im Ton zwar freundlich, in der Sache aber kritisch aus. ¸¸Die erreichten Schritte der Verwaltungsreformkommission sind zwar anzuerkennen, reichen aber bei weitem nicht aus'', schreiben die Präsidenten Eugen Schmid (Städte), Otwin Brucker (Gemeinden) und Edgar Wais (Landkreise) in einer Mitteilung. Sie speisten ihre Liste gestern bei der Sitzung der Verwaltungsreformkommission ein. Nach Angaben des Innenministeriums besteht großeÜbereinstimmung in der Bewertung der Probleme. Die Vorschläge seien weitgehend identisch mit den Überlegungen im eigenen Hause. ¸¸Da ziehen alle an einem Strang'', so das Innenministerium.

Ein großes Reform- und Sparpotential sehen die Verbände offenkundig bei den Ministerien. Einer der Hauptpunkte im Vorschlagskatalog der Spitzenverbände ist, daß die Landesministerien sich auf ihre Hauptaufgaben konzentrieren sollen, zum Beispiel die politische Führung und die Normengebung. Die Umsetzung von Entscheidung wollen die kommunalen Verbände anderen Verwaltungsebenen übertragen wissen. Dabei setzen sie darauf, so viele Aufgaben wie möglich auf die unteren staatlichen Behörden und auf die Kommunen zu verlagern.

Mittel- und Sonderbehörden - dazu zählen beispielsweise Regierungspräsidien, Landwirtschaftsämter, Oberschulämter und Gewerbeaufsichtsämter - sollen stärker gebündelt werden. Prinzipiell soll es nach Auffassung der Verbände jeweils nur eine Entscheidungs- und Aufsichtsebene geben. Außerdem sollen die Ministerien ihre Kontrollfunktion auf das Nötigste beschränken und sich, wo immer es möglich ist, auf die Rechtsaufsicht beschränken; Fachaufsicht müssen die Ministerien nach Auffassung der Spitzenverbände nur im Ausnahmefall leisten.

Einige Behörden wollen die Verbände ganz abschaffen. So wollen sie die staatlichen Schulämter auflösen und statt dessen den Schulen mehr Handlungsfreiheit und Kompetenz einräumen. Die Gewerbeaufsicht solle den Stadt- und Landkreisen übertragen werden. Geschlossen werden sollten nach Auffassung der kommunalen Spitzenverbände auch die Außenstellen des Landesdenkmalamtes; die Bezirkskonservatoren seien besser bei den Stadt- und Landkreisen oder den Regierungspräsidien angesiedelt. Die vier Bezirksstellen für Naturschutz wollen die Verbände in die Regierungspräsidien integrieren; auch den Gewässerschutz sehen sie bei Regierungspräsidien und Kreisen besser aufgehoben. Zudem sollten die Württembergische Landesbildstelle und ihr badisches Pendant fusioniert werden.

Stadt- und Landkreise sollen nach den Vorstellungen der Verbände Planung und Unterhalt von Kreis- und Landstraßen übernehmen. Gleichzeitig haben die Landkreise sich bereit erklärt, die Kreis- und Gemeindeverbindungsstraßen und die dazugehörigen Finanzmittel an die Gemeinden abzutreten. Auch Kindergärten und Altenpflege wollen die Landkreise den Gemeinden überlassen.

Wichtig ist Städte-, Gemeinde- und Landkreistag auch die Einführung des sogenannten ¸¸Standard-Controlling''. Dabei sollen Gesetze, Vorschriften und Standards, die vom Land erlassen werden, grundsätzlich auf ihre Folgen überprüft werden. Sollten geplante Neuregelungen die unteren Verwaltungsbehörden über Gebühr belasten, sollten sie nach Ansicht der Verbände nicht einmal als Vorlage für den Ministerrat zugelassen, geschweige denn beschlossen werden.