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StZ Stuttgart 26.08.1997
Alamannenausstellung in der SüdwestLB

Im Museums-Shop wartet der Alamannenhort

Hagen von Tronje soll den sagenhaften Nibelungenhort im Rhein versteckt haben. Besucher der Alamannenausstellung, die noch bis zum 14. September in der SüdwestLB zu sehen ist, müssen nicht tauchen, um an Geschmeide nach Art der Germanen zu gelangen. Gleich neben den Ausstellungsräumen, im Museumsshop, gibt es Fibeln und Ketten zu kaufen.

Merchandising heißt das Zauberwort der modernen Unterhaltungsbranche: Ob Jurassic Park, Star Trek oder Star Wars - es gibt das Buch zum Film, die Musik zum Film, das T-Shirt zum Film, das Spielzeug zum Film, die Bettwäsche zu Film und so weiter und so fort. Museen und Ausstellungsstätten gehen mittlerweile dazu über, nach amerikanischem und englischem Vorbild Museums-Shops einzurichten in denen es neben den obligatorischen Katalogen, Postkarten und Postern auch pfiffige Geschenkartikel gibt, die mehr oder weniger mit den aktuellen Ausstellungen zu tun haben. Auch die Alamannen-Ausstellung in der Südwest LB kann einen solchen Laden vorweisen, in dem es neben Merchandising allerdings noch weit interessanteres zu entdecken gibt.

,,Man kann es mit einem Honigkuchen vergleichen'', meint Charlotte Fink, auf ein rundes, verpacktes Gebäckstück angesprochen, das im Museums-Shop verkauft wird. Dinkel, Roggen und Koriander sind hineinverarbeitet worden, alles Zutaten, die, so beweisen es archäobotanische Auswertungen, bereits von Alamannen zu süßen Stückle verbacken wurden. ,,Bei den Besuchern sind sie sehr beliebt und werden vor allem als Mitbringsel gekauft'', sagt Iris Fritsche, die zusammen mit Charlotte Fink den Shop betreibt. Nicht als Angestellte, wie beide betonen, sondern selbständig.

Artefaktum heißt die im Frühjahr gegründete Firma der Kunsthistorikerin und der Archäologin, die Replikate antiker und mittelalterlicher Kunstgegenstände, Schmuck, Gläser und Keramik vertreibt. ,,In unseren Berufen Stellen zu bekommen, ist sehr schwer'', sagt Iris Fritsche, deshalb hätten sich die beiden Stuttgarterinnen nach einer Alternative umgesehen und die Firma gegründet.

Neben den Begleitbüchern zur Ausstellung, Postern, Alamannen-Gebäck, Met und Bastelbögen - für Geduldige eine römische Villa mit Inneneinrichtung, für die weniger Ausdauernden ein kleiner Wachturm - CD-Roms und Videos gibt es detailgenau nachgearbeiteten Schmuck zu kaufen, dessen Vorbilder in der Ausstellung zu sehen sind. Als Materialien wurde das verwendet, was die Alamannen ebenfalls benutzten: Silber, Gold, Bronze, Messing, Glas, Halbedelsteine oder Bergkristalle.

Die Preise bewegen sich zwischen mehreren hundert Mark bis unter zehn Mark, je nachdem, aus welchem Material die Stücke hergestellt sind. ,,Wir haben verschiedene Hersteller, die für uns arbeiten'', sagt Charlotte Fink. Da die Kunsthistorikerin und die Archäologin sich mit den Kunsthandwerkern treffen, ihre Vorstellungen angeben und auch Vorlagen liefern, wird gewährleistet, daß nicht irgendwelche Phantasieprodukte geliefert werden, sondern originalgetreue Replikate von Ausstellungsstücken. Die Möglichkeit, eine alamannische Bügelfibel zu kaufen, die sich als schlichte und dadurch wunderschöne Brosche tragen läßt, gibt es nicht sehr oft.

Beim Publikum, ob jung oder alt, komme die Idee jedenfalls sehr gut an. Einige Ehemänner, die in Begleitung ihrer Frauen in der Ausstellung waren, seien sogar tags darauf heimlich zurückgekommen, um ihren besseren Hälften ein Schmuckstück zum Geburtstag zu kaufen.

Bisher seien sie ganz zufrieden, auch wenn der Betrieb mit Ferienbeginn etwas nachgelassen habe. ,,Uns wurde jedoch gesagt, das sei normal und mit der Zeit steige die Zahl der Besucher wieder an'', hoffen die beiden. Thomas Schwarz


© 1997 Stuttgarter Zeitung, Germany

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