Stuttgarter
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Landesnachrichten 21.11.1998

 

Ein Kloster erstrahlt in silbernem Glanz

Bürgerinitiative in Horb erhält höchste deutsche Auszeichnung für Denkmalschutz

Noch vor vier Jahren drohte dem einstigen Franziskanerinnenkloster von Horb, einem eindrucksvollen Bauwerk aus dem 13. Jahrhundert, der Abbruch. Doch kurz bevor der Abrißtrupp anrückte, haben sich geschichtsbewußte Bürger zur Rettung des Kulturdenkmals zusammengetan.

VON HELMUT ENGISCH

Inzwischen ist das Kloster von Grund auf saniert und wird sich 1999 als Kulturzentrum präsentieren. Für seine "außerordentlich erfolgreiche und vorbildliche Arbeit'' wird jetzt der "Förderverein Kloster e.V.'' vom Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz mit der "Silbernen Halbkugel'' geehrt, der höchsten deutschen Auszeichnung auf diesem Gebiet.
Mehr als ein Jahrzehnt kannten die Horber ihr einstiges Kloster als ein bröckelndes Relikt, von einem Korsett aus Stahlseilen notdürftig zusammengehalten und von mächtigen Holzstämmen gestützt. So hinfällig war das einstige Domizil der Franziskanerinnen, daß es selbst den Stadträten "mulmig'' wurde angesichts des historischen Erbstücks. Es drohte immerhin von seinem erhabenen Standort am Rand der Oberstadt abzurutschen ins Tal des Grabenbachs. Und als Oberbürgermeister Michael Theurer am 30. Dezember 1994 dem Gemeinderat mitteilen mußte, daß der Statiker allenfalls noch für drei Monate Standfestigkeit garantiere, war die Entscheidung überreif. Indessen hatten sich zu jener Zeit schon geschichtsbewußte Bürger der Neckarstadt für die Erhaltung des Kulturdenkmals stark gemacht. So fiel es dem Gemeinderat - angesichts drohender Abbruchkosten von 700.000 Mark - nicht schwer, für den Erhalt zu stimmen.
Nach einer Informationsveranstaltung mit Landeskonservator Franz Meckes vom Denkmalamt ermannten sich 60 Horber zur Gründung eines Fördervereins, der heute mehr als 400 Mitglieder zählt. Diese Bürgerinitiative verpflichtete sich gegenüber den Zuschußträgern (Land, Denkmalamt und Denkmalstiftung), für gut eine halbe Million der auf insgesamt fünf Millionen veranschlagten Sanierungskosten geradezustehen. Durchaus ein Wagnis, doch die Vision von einem Kulturzentrum in historischem Ambiente erwies sich bald als mächtiger Katalysator bürgerschaftlicher Aktivität.
Während die Archäologen den Baugrund des Klosters erforschten und dabei Stadtmauerreste von 1250 entdeckten, wurden zugunsten der Sanierung die "Horber Ritterspiele'' organisiert, gab es Benefizkonzerte und Klosterfeste, ermunterte der OB die Gäste zur Feier seines 30. Geburtstages zur klösterlichen Solidarität, die 18.000 Mark einspielte, und füllte sich das Vereinskonto dank diverser weiterer Spenden.
Doch noch werden 250.000 Mark gebraucht. Und da baut Vereinsvorstand Alfred Seifriz auch auf die "Unterstützung der Industrie''. Vor allem im Blick auf das erste Obergeschoß des Hauses, für das noch ein Mieter gesucht wird. Unabhängig davon wird das örtliche soziokulturelle Zentrum "Projekt Zukunft'' im Frühjahr 1999 bereits seine Kleinkunstbühne samt Kulturkneipe im Kloster bespielen. In Hochstimmung aber sind die Vereinsmitglieder schon jetzt.


Am 30. November 1998 nahm der OB auf Schloß Albrechtsberg in Dresden die "Silberne Halbkugel'' in Empfang.

Bearbeitet 22.11.2002