Stuttgarter
Zeitung
sonstige Kreis-Seiten 22.5.1998

 

Neue Ausstellung im Keltenmuseum

Exportschlager aus Hochdorf

Spitzenleistungen des keltischen Handwerks auch am Mittelmeer gefragt

EBERDINGEN-HOCHDORF, Kreis Ludwigsburg. Auch gutlaufende Museen wie das Hochdorfer Keltenmuseum, das im Jahresschnitt 35000 Eintrittskarten verkauft, müßten ihren Besuchern immer wieder etwas Neues bieten, hat Bürgermeister Rolf Fetzer bei der Vorstellung der neuen Attraktionen erklärt. An Sehenswertem aus der Keltenzeit herrscht in Hochdorf kein Mangel. Die neue Ausstellung ¸¸Keltisches Handwerk'', bis Mitte Oktober zu sehen, beruht auf neuen Entdeckungen, die bei den Ausgrabungen in Hochdorf 1990/91 und in der Nähe des Fürstengrabhügels 1996/97 gemacht wurden.

Die Grabungen 1997 in Flur Lienle, die von Karen Schmitt geleitet wurden, die nun auch die Ausstellung des Landesdenkmalamts arrangiert hat, brachte überraschend viele Funde von Bronzegießereien und Eisenschmieden der Kelten zum Vorschein. Schon immer hatten sich die Archäologen gefragt, erläuterte Landeskonservator Jörg Biel, was wohl die griechischen und etruskischen Händler aus dem Mittelmeergebiet nach Hochdorf gelockt haben mag. Einflüsse aus dem Süden bis hin zu neuen, hier zuvor nicht bekannten Tierarten sind so zahlreich nachweisbar, daß man von einem ¸¸massiven wirtschaftlichen Interesse'' (Biel) an den Produkten der angeblichen Barbaren sprechen muß. Für die Waren aus den Hochkulturen der Antike, die Händler vor rund zweieinhalbtausend Jahren nach Mitteleuropa brachten und von denen sich Reste in keltischen Gräbern und Siedlungen wiederfanden, mußte schließlich ¸¸bezahlt'' worden sein. Geld kam nicht in Frage, es mußten heimische Produkte gewesen sein. Und hier kommt das keltische Handwerk ins Spiel, das in manchen Bereichen offenbar Weltspitze war.

Exportschlager waren wohl einige hochwertige Textilien, für die Beispiele aus Hochdorf in der Ausstellung zu sehen sind. Es sind farbkräftige, höchst kompliziert gewobene Stoffe und Stoffborten - sogenannte Brettchenweberei. Dabei werden mit bis zu 16 Webbrettchen, die je vier Fäden führen, durch Kippen und Drehen der Brettchen in einer exakten Reihenfolge raffinierte Muster erzeugt, die als Spitzenleistungen der Textilkunst gelten. Man wundert sich, daß dies damals ohne Computerprogramm möglich war. Im Spinnen, Weben und Färben waren die Kelten Meister, so feine Textilien herstellen konnte nicht jeder. Heute sind - umgekehrt - feine italienische Tuche bei uns begehrt, damals waren es die keltischen.

Die Metallverarbeitung war wohl ein zweiter Bereich, in dem die Kelten über Spitzenhandwerker verfügten. Unzählige zweiteilige Schmelztiegel - der größte Fundkomplex bisher - sind bei der Lehrgrabung im Lienle entdeckt worden und lassen auf eine ausgedehnte Bronzegießerei schließen. In der Ausstellung wird gezeigt, wie das vor sich gegangen ist. Bereits bei der Untersuchung der Funde aus dem keltischen Fürstengrab, die im Württembergischen Landesmuseum Maßstäbe setzend vorgenommen wurde, hatte sich zur Überraschung aller erwiesen, daß die hochgerühmten griechisch-etruskischen Bronzegießer wahre Stümperarbeit geleistet hatten im Vergleich zu ihren keltischen Kollegen. Einer der drei Löwen auf dem Löwenkessel war in Hochdorf nachgegossen worden. Er sieht weniger hübsch aus, ist aber technisch perfekt gemacht.

Auch Eisenschmieden sind nachgewiesen in Hochdorf. Die hohe Schmiedekunst der Kelten demonstrieren etwa die eisernen Beschläge am fürstlichen Zeremonienwagen. Biel: ¸¸Schmiedetechnisch vom Feinsten.''

An Relikten keltischer Handwerker sind in der Ausstellung noch Briquetage-Ziegel zu sehen, in denen aus Sole das Salz gesotten und dann zum Verbraucher transportiert wurde. Auch Keramik, vielfach schon auf der schnelldrehenden Töpferscheibe produziert, gehört dazu. Den Nachbau eines Töpferofens in Originalgröße hat Horst Rösske so angeschnitten, daß man die Funktionsweise mit Feuerraum, Heißluftkanal, Lochtenne und zu öffnender Kuppel erkennen kann. Der Ofen dominiert den Raum mit den sonst meist kleinteiligen Exponaten. Der Nachbau einer Töpferscheibe soll noch folgen.dka