Artikel aus der
Stuttgarter Zeitung
vom 21.2.2001
Südwestdeutsche Zeitung



Malereien der Romanik schließen eine Forschungslücke

Die Gamburg ist jetzt ein Denkmal von nationaler Bedeutung - Besitzer kann bei der Sanierung mit Geld vom Land rechnen

Jährlich berät eine Kommission in Berlin darüber, welche Denkmale in den "Adelsstand'' als Kulturgüter von nationaler Bedeutung gehoben werden. Die Gamburg im Taubertal ist jetzt in den exklusiven Zirkel aufgenommen worden.

Von Martin Geier

In diesen Tagen entzieht sich die Gamburg weitgehend den Blicken und hüllt sich in Nebel. Erst wenn die flachen Sonnenstrahlen lange genug über dem Taubertal scheinen, tauchen aus den wabernden Dunstfetzen die kantigen Umrisse einer mächtigen Burg auf. Sie liegt hoch über dem Tal, zu ihren Füßen das gleichnamige Dorf: die Gamburg. Ihre roten Sandsteinquader stammen aus der Umgebung, viele der historischen Gebäude in diesem Landesteil sind deshalb rot. Das Hauptgebäude der Gamburg, der Palas, ist noch fast im Urzustand und weist etliche Spuren aus seiner Entstehungsgeschichte vor 800 Jahren auf. "Das ist in Europa einzigartig'', sagt Landeskonservator Franz Meckes.

Wie die Nebel über dem Tal, so liegt manches über die Anfänge der Gamburg im Ungewissen. Denn die Historiker gehen immer noch der Frage nach, weswegen an dieser Stelle eine so prächtige Burg gebaut wurde, fast zur gleichen Zeit wurde fünf Kilometer flussaufwärts das Zisterzienserkloster Bronnbach gebaut. Die 1157 als Mainzer Lehen erstmals erwähnte Gamburg liegt auf halber Strecke zwischen Tauberbischofsheim und Wertheim auf einem Sporn. Bergfried, Palas und Nebengebäude stehen auf einem Oval in den Ausmaßen von 60 mal 45 Meter. Umgeben wird die Anlage von einer gewaltigen Zwingmauer mit fünf Halbkreisbastionen und drei Rundtürmen.

Doch um ein Haar wäre es nichts mehr gewesen mit dem Beispiel einer beginnenden adligen Herrschaftsbildung an der unteren Tauber. Denn im Jahr 1356 richtete ein Erdbeben, dessen Epizentrum bei Basel lag, in der Gegend Schäden an und zerstörte sogar Burgen. Auf der offensichtlich auf recht stabilem Untergrund gebauten Gamburg gab es nur Risse in den Wänden, die man leicht beheben konnte. Doch zu diesem Zeitpunkt war das Gamburger Stammgeschlecht der Beringer bereits ausgestorben, die Burg dem Verfall preisgegeben. Die Familie und ihre Nachkommen waren nicht nur Grund- und Vogteiherren, sondern beteiligten sich auch maßgeblich an der Landeserschließung - wie der Mitbegründung des nahen Klosters Bronnbach im Taubertal.

Beringer von Gamburg - 1139 erstmals genannt - ließ jedenfalls ein prächtiges Eigenheim auf seiner Burg erstellen. Drei Stockwerke hoch, entspricht es zwar nicht unseren heutigen Komfortvorstellungen, andererseits konnte der möglicherweise hohe staufische Ministeriale damit richtig auftrumpfen, sprich repräsentieren. Der Festsaal im obersten Stock war umsäumt von offenen Arkaden, die etwa in Augenhöhe ansetzten und somit auch einen Blick ins Tal ermöglichten. Im Winter ziemlich ungemütlich, war es dennoch ein willkommener Platz in den wenigen lauen Sommerwochen.

1982 stieß man bei Umbauarbeiten im Palas auf erste Spuren aus der Bauzeit und auf Wandmalereien. Die Konservatoren waren perplex, weil sie kaum mehr glaubten, in dem über acht Jahrhunderte stark genutzten Gebäude und in den in der Renaissance und im Barock umgebauten Räumen Malereien und Bauteile aus der Romanik zu finden: gedoppelte Säulchen mit verzierten Basen und floral verzierten Kapitellen und Seccomalereien mit Darstellungen von Gebäuden und Personen. Mittlerweile gibt es Querverweise auf gleiche Dekors im Kloster Bronnbach. "Mit der Wiederentdeckung der romanischen Gamburg'', schreibt Franz Meckes der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in seinem Gutachten, "wird eine Forschungslücke geschlossen, die belegt, dass die Burgen der Adligen (Landesherren), sich in Bauform und Raumprogramm kaum von den staufischen Reichsburgen und Pfalzen unterscheiden.''

Mit der Einstufung als Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung kann der Eigentümer - im Falle der Gamburg ein Klinikchef aus Hessen - bei der Sanierung mit Bundesmitteln rechnen. In Baden-Württemberg fallen darunter auch das Ulmer und Freiburger Münster, die Zollernburg bei Hechingen, die Kilianskirche in Heilbronn oder die Sauschwänzlebahn im Südschwarzwald.

Ein rechtlicher Anspruch auf besondere oder gar dauerhafte finanzielle Förderung erwächst aus dem Prädikat "Nationaldenkmal'' allerdings nicht.

Atrikelübersicht


© 1997-2001 Stuttgarter Zeitung online - Stuttgart Internet Regional GmbH