Stuttgarter Zeitung Südwestdeutsche Zeitung 4.9.1999



Weniger Öffnungen am Tag des Denkmals als früher

Kulturveranstaltung in Baden-Württemberg in diesem Jahr ohne festes Motto - Zentrale Eröffnung am 11.September

STUTTGART. Am Tag des offenen Denkmals, der europaweit und in Deutschland zum siebten Mal begangen wird, sind im Südwesten mit 400 Objekten hundert Kulturzeugen weniger zu besichtigen als im Vorjahr.

Von Martin Geier

Themenoffen präsentiert sich Baden-Württemberg am 12.September zum Tag des offenen Denkmals. Hatten sich bei den Veranstaltungen in den Vorjahren gewisse Schwerpunkte herausgebildet, wie Nachkriegsarchitektur oder Jugendstil, Archäologie und Technik, ist diesmal der Zeitreise durch die Jahrhunderte kein Motto beigefügt. Wie ein kunterbunter Herbststrauß erscheint deshalb die Liste des Landesdenkmalamtes.

Der Behörde wurden diesmal ein Fünftel weniger Kulturobjekte gemeldet als noch 1998, über die Gründe läßt sich nur rätseln. Ist es Unmut über die schlechtere Finanzausstattung der Denkmalschützer? Immerhin könnte man ja auch all jene Denkmaleigentümer in die Pflicht nehmen, ihre Tür an diesem Sonntag zu öffnen, die in der Vergangenheit öffentliche Gelder in Anspruch genommen haben. Als erstes wäre da das Kloster Neresheim im Ostalbkreis zu nennen, das seit Jahrzehnten unterstützt wird. Es hat für den Denkmaltag keine Offerte abgegeben.

Dagegen hebt sich wieder erfreulich die Stadt Ellwangen ab, von der man weiß, dass sich das Stadtoberhaupt für den Denkmalschutz engagiert und es nicht bei Lippenbekenntnissen belässt. 18 Denkmale listet die Stadt auf, die ihren Besuchern aber nicht nur Kunst und Kultur, sondern auch möglichst viel Kurzweil bietet. Eine singende Stadtführung mit Madrigalen aus dem 15. und 16. Jahrhundert wird beispielsweise angeboten (13 Uhr). Oder eine Führung durch die Basilika des Benediktinerklosters, des bedeutendsten spätromanischen Gewölbebaus Schwabens. Anschließend gibt es Kaffee und Kuchen. Oder eine Radtour durch die Stadt zu den verschiedenen steinernen Zeugen der Ellwanger Geschichte. Keine Frage, die Verantwortlichen haben sich auch zum siebten Denkmaltag wieder etwas einfallen lassen.

Ganz anders der Kreis Konstanz. Aus dem Landkreis werden gerade drei Objekte gemeldet, aus dem Kreis Heidenheim eines! Auch wenn sie zu den jüngeren Stadtgründungen im Lande zählt, präsentiert sich Karlsruhe ausgesprochen denkmalzugewandt. Vom Durlacher Rathaus aus kann man sich verschiedene Führungen herauspicken wie ¸¸Durlach als Denkmal'', ¸¸Neues Bauen in historischer Umgebung'' oder ¸¸Sozialgeschichte in Durlach''. Im staatlichen Weingut in der Posseltstraße19 könnte man dann nach all den Anstrengungen bei einem guten Tropfen verschnaufen; es hat bis zum frühen Abend geöffnet.

Ressortminister Walter Döring (FDP) eröffnet auch dieses Jahr den Denkmaltag, heuer am Samstag in Meßkirch. Dieser Ort im Kreis Sigmaringen ist mit Bedacht gewählt, denn das dortige Schloss war eines der großen Sorgenkinder der Denkmalschützer. Aber ohne weitere Sondermittel - die in Aussicht gestellt sind, aber im Augenblick nicht zur Verfügung stehen - bleiben einige Maßnahmen unvollendet.

Von 1557 an wurde an Stelle einer mittelalterlichen Burg ein Renaissanceschloss nach italienischem Vorbild gebaut. Es ist eines der frühesten Beispiele einer regelmäßigen Vierflügelanlage in Süddeutschland. Die asymmetrisch angeordneten Tordurchfahrten zeichnen sich durch prachtvolle und ungewöhnlich scharf konturierte Portale aus. Besonders hochwertig ist die Ausstattung. Ein eindrucksvolles Treppenhaus, fein gegliederte barocke Stuckdecken und die vollständig erhaltene Deckengestaltung von 1732. Erst im Jahr 1994 wurde der einstige Rittersaal wieder entdeckt, nämlich die schwer beschädigte Decke. Sie verbarg sich hinter den niedrig eingebauten Zimmern.

Das Schloss, seit 350 Jahren im Besitz des Hauses Fürstenberg, wurde 1961 mitsamt dem Park von der Kommune übernommen. Seit Jahrzehnten war nichts mehr für den Bauunterhalt des Schlosses getan worden, es war schlicht heruntergekommen. Erst 1985 konnten mit Mitteln aus dem Schwerpunktprogramm des Landes erste Bau- und Sicherungsmaßnahmen durchgeführt werden. Seit einem Jahr wird das Innere des Nordost- und Stadtflügels ausgebaut.

Der Tag des offenen Denkmals wurde Anfang der neunziger Jahre vom Europarat als ¸¸European Heritage Day'' ins Leben gerufen. Für Deutschland wird ihn Bundespräsident Johannes Rau in der mecklenburgischen Hafenstadt Wismar unter dem Motto ¸¸Europa, ein gemeinsames Erbe'' eröffnen.

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