Stuttgarter Zeitung Kreis Böblingen 21.01.1999



Zehntscheuer soll Kultur-Treff werden

Heute beschließt der Bondorfer Gemeinderat voraussichtlich den Umbau des Gebäudes

BONDORF. Heute soll eine kommunalpolitische Hängepartie ihr Ende finden. Nach achtjähriger Diskussion segnet der Gemeinderat voraussichtlich das Vorhaben Zehntscheuer ab.

Von Michael Trauthig

In der Gäugemeinde zweifelt wohl niemand an einem entsprechenden Abstimmungsergebnis. ¸¸Die Weichen sind gestellt'', sagt Bürgermeister Gerhard Kilian. Bereits im Dezember habe der Gemeinderat bei einer Klausurtagung grünes Licht für das Projekt signalisiert. Jetzt muß die Baufreigabe beschlossen werden. Die Zehntscheuer und das angrenzende Wohnhaus sollen nach den Plänen der Stuttgarter Architektin Gabriele Burger saniert und umgebaut sowie durch eine Remise erweitert werden.

Dafür sind an Kosten insgesamt sechseinhalb Millionen Mark veranschlagt. ¸¸Wegen dieser Summe hat es lange Diskussionen im Ort gegeben'', berichtet Kilian. Die Geschichte des Projekts beginne eigentlich schon 1970. In diesem Jahr hat ein Landwirt das Bauernhaus verlassen und ist mit seinem Betrieb ausgesiedelt. ¸¸Schon damals hätte die Gemeinde das Gebäude zur Sicherung der Ortsentwicklung erwerben sollen'', sagt der Bürgermeister.

Das wurde aber versäumt. Statt dessen kaufte ein Geschäftsmann das Anwesen. Er vermietete fortan die Räume, in denen zehn Familien Platz fanden. Erst 1990 brachte sich die Kommune in den Besitz der Immobilie, die seit etwa drei Jahren leersteht. Der Umbau wurde wegen der Kosten immer wieder vertagt. Andere Projekte wie die Sanierung der Gäuhalle oder der Bau einer Seniorenwohnanlage erschienen dringlicher.

20 Mal hat sich der Gemeinderat bisher mit dem Thema Zehntscheuer befaßt. Vor 13 Monaten kam schließlich Bewegung in die Debatte. Das Landesdenkmalamt bewilligte einen Zuschuß von etwa 420.000 Mark, und das Regierungspräsidium stockte die Summe für die Ortskernsanierung um 1,8 Millionen Mark auf. Allerdings sind die Fördergelder befristet. Deshalb muß nun rasch mit dem Bau begonnen werden.

2,5 Millionen Mark sind jetzt im Haushalt der 5000-Einwohner-Gemeinde als erste Rate eingeplant. Im April sollen die Arbeiten beginnen. Deren Ende ist für das Jahr 2001 anvisiert. Dabei wird das vierstöckige Wohngebäude völlig umgebaut. Im ersten Geschoß sollen Räume für die Vereine und die Volkshochschule entstehen. Im Dachgeschoß wird ferner ein Saal mit 100 Plätzen geschaffen, und das Erdgeschoß wird für das Foyer und die sanitären Anlagen genutzt.

Die Scheuer bleibt dagegen weitgehend erhalten. In ihr wird ein repräsentativer Saal für 400 Besucher eingerichtet. 1,2 Millionen Mark sind außerdem insgesamt für einen Anbau mit Wirtschaftstrakt, Vereins- und Abstellräumen eingeplant.

Kilian hofft, daß das Anwesen ein Kultur-Treff wird. Ausstellungen, Theatervorführungen und Konzerte könnten dort über die Bühne gehen. Außerdem eigne sich der Hof für Freiluftveranstaltungen im Sommer.

Das denkmalgeschützte Gebäude wurde vermutlich im späten 18. Jahrhundert am historischen Ortsrand hinter der ehemaligen Wehrkirche errichtet. Für den damaligen Besitzer, die königliche Hofkammer, wurde es aber mit der Zehntablösung von 1849 entbehrlich. Die Scheuer wurde dann an Privatleute verkauft.

Atrikelübersicht


© 1999 Stuttgarter Zeitung, Germany