Archäologische Ausgrabung in Baden-Württemberg


eine Ausgrabung

ULM

Der »Grüne Hof«

Warum Stadtarchäologie in Ulm?

Täglich verschwinden bei Bauarbeiten Zeugnisse früherer Epochen, weil menschliches Leben untrennbar mit dem Verändern unserer Umwelt verbunden ist. Selbst einfache Formen von Behausungen, Versorgung und Entsorgung hinterlassen Spuren im Boden. Konstruktionen aus vergänglichem Materialien wie Holz erscheinen als Verfärbung, Gruben belegen Pfostenstellungen, Abdrücke in Resten von Lehmbewurf zeugen von Wandkonstruktionen. Die Fundamente von einstigen Steinbauten oder Keller sind oft im noch Boden erhalten. Herdstellen oder die Verfüllung von Vorratsgruben künden von der einstigen Nutzung der Gebäude. Abfälle, z.B. aus Latrinen, liefern Erkenntnisse zur Ernährung; Reste handwerklicher Produktion erschließen alte Fertigungstechniken. Gräber geben Auskunft über Lebensalter, Krankheiten, medizinische Versorgung usw. Alle diese Funde sind wichtige Quellen zum Leben von damals, meist zudem einmalige, weil sie über Lebensbereiche der Alltagskultur berichten, die selten in den Schriftquellen Niederschlag finden.

Die letzte Chance, etwas über unsere Herkunft und unsere Geschichte zu erfahren, ist die archäologische Ausgrabung, da in aller Regel die archäologische Quelle nach dem Bodeneingriff unwiederbringlich zerstört ist.

Deshalb führt das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg vor der Bebauung des Areals »Grüner Hof « archäologische Ausgrabungen durch.

Für die Archäologie ist besonders der Schichtzusammenhang der Funde und Befunde wichtig, das sorgfältige Freilegen der archäologischen Beobachtungen mit Schaufel, Hacke und Pickel, aber auch mit Kelle, Pinsel und Pinzette, die eingemessen, beschrieben, gezeichnet und fotografiert werden.

Was graben wir auf dem »Grünen Hof« -
Erste Ergebnisse

Der Bereich des »Grünen Hofs« am Rande der staufischen Stadt gelegen, galt lange Zeit - neben dem Weinnhof, dem Standort der Pfalz, 854 erstmals urkundlich erwähnt - als zweite Keimzelle der Stadt Ulm. Bisher konnte aber kein Nachweis für eine frühmittelalterliche Besiedlung erbracht werden.

Grubenhäuser - eingetieft in das Erdreich

Zu den ältesten Zeugnissen gehören sieben Grubenhäuser, Reste einer vorstädtischen Siedlung aus dem 11. und 12. Jahrhundert. Grubenhäuser sind Bauten aus Holz - meist mit Eck- und Mittelpfosten -, die in das Erdreich eingetieft sind.
Pfostenstellungen auf dem Fußboden eines Grubenhauses und tönerne Weggewischte deuten auf einen Webstuhl hin und somit auf die einstige Nutzung. Zum Weben nämlich wurden gerne Räume gewählt, in denen eine gleichmäßige hohe Luftfeuchte vorherrschte. Die feuchten Grubenhäuser eigneten sich besonders dafür.

Staufergraben und Dominikanerkloster

Von der stauferzeitlichen Befestigung - die durch den »Diebsturm« an dieser Stelle bekannt ist - zeugt noch der mächtige, ca. 15 Meter breite Graben, der aber bereits im späten frühen 14. Jh. im Zuge der großen Stadterweiterung funktionslos wurde. Urkunden aus dem Jahre 1336 berichten über den Verkauf von Stadtgrabengrundstücken z.B. an die Dominikanermönche. Dies zeigen auch die Fundamente der Klostermauer im Nordosten des Grabungsareals und die Bestattungen innerhalb derselben. Die Toten waren in gestreckter Rückenlage mit dem Kopf im Westen beigesetzt worden. Vor dem Kloster führte ein gepflasterter Weg in Richtung Donau.
Nicht nur der Graben verlor seine Funktion, sondern auch der »Diebsturm«, als Turm der Stadtbefestigung. Dieser wurde - wie der Name sagt - zum Gefängnis.

Das Gefängnis - „weder von Sonne noch Mond beschienene, ganz finstere und enge Löcher...“

Als dann nach der Reformation auch das Dominikanerkloster aufgelassen wurde, gab es neuen Baugrund für die Anlage eines größeren Gefängnisses. Vom Erdgeschoss fertigte der Architekt und Ratsherr Joseph Furttenbach im Jahre 1633 einen Grundriss an. Er beklagte neben dem Strafvollzug auch die baulichen Mängel des Gebäudes: „...das Fundament, nicht recht angelegt, darnueben kan ... nichts wolgestelltes darauffgesezt werden". Er plädierte für Abbruch, der dann 1807 erfolgte.
Sieht man die zahlreichen Höfchen und Zellen im Erdgeschoss, kann man sich vorstellen, dass die Dachkonstruktion große Probleme verursacht haben dürfte. Da ein Großteil des Gefängnisfundaments auf der schlecht verdichteten Verfüllung des Staufergrabens liegt, kam es zu Setzungen. Wirft man einen Blick auf der Grabung wird dies im wahrsten Sinne des Wortes offensichtlich.
Der Grundriss von Furttenbach zeigt aber auch Abweichungen zum Grabungsbefund. Die alte Klostermauer aus Kalkstein wurde wiederverwendet, um den Eingangsbereich von den Zellen und Höfen zu trennen.

 

Die Ausgrabungen am »Grünen Hof«belegen wie wichtig die enge Verzahnung der Schrift- und Bildquellen mit den archäologischen Bodenfunden ist. Beide Quellen beleuchten unterschiedliche Aspekte des Lebens. Zusammengebracht geben sie ein differenziertes Bild und neue Erkenntnisse unserer Vergangenheit.

Text: Dr. Andrea Bräuning - HTML: W.M.W.

Wo in Ulm liegt der Güne Hof
 
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7.4.1999 -  Dies ist eine private Seite. Für Fragen oder Anregungen bitte eine eMail schicken an:
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