Der Devolutiveffekt oder das »Dissensverfahren«

Das Denkmalschutzgesetz für Baden-Württemberg wurde geändert...

Kommentar zum

Denkmalschutzgesetz Baden-Württemberg

zum § 3 (Fassung vor 1.Juli 2001) von Heinz Strobl, Ulrich Majocco, Herlmut Birn:

 

Denkmalschutzgesetz (BW) bis zum 1. Juli 2001:

 
§3 Denkmalschutzbehörden
(1) Denkmalschutzbehörden sind
  1. das Wirtschaftsministerium als oberste Denkmalschutzbehörde,
  2. die Regierungspräsidien als höhere Denkmalschutzbehörden,
  3. die unteren Baurechtsbehörden als untere Denkmalschutzbehörden,
  4. das Landesdenkmalamt als Landesoberbehörde für den Denkmalschutz,
  5. dieLandesarchivdirektion als Landesoberbehörde für den Denkmalschutz im Archivwesen; soweit nach diesem Gesetz das Landesdenkmalamt zuständig ist, tritt im Bereich des Archivwesens an seine Stelle die Landesarchivdirektion.
(2)[...]
(3) Die oberste und die höhere Denkmalschutzbehörde entscheiden nach Anhörung des Landesdenkmalamts. Die untere Denkmalschutzbehörde entscheidet im Einvernehmen mit dem Landesdenkmalamt; kommt kein Einvernehmen zustande, so entscheidet bei unteren Denkmalschutzbehörden, deren Rechtsträger der Rechtsaufsicht des Landratamts untersteht, das Landratsamt, im übrigen die höhere Denkmalschutzbehörde.

Für den Fall, daß das Einvernehmen zwischen unterer Denkmalschutzbehörde und Landesdenkmalamt nicht hergestellt werden kann, enthält [Abs. 3] Satz 2 Halbsatz 2 eine Konfliktregelung (»Devolutiveffekt«): Bei unteren Denkmalschutzbehörden, deren Rechtsträger der Rechtsaufsicht des Landratsamts untersteht (also bei Gemeinden bis 20.000 Einwohnern, bei Verwaltungsgemeinschaften und bei Verwaltungsgemeinschaften nach § 14 LVG, denen keine Große Kreisstadt angehört - vgl. § 28 Abs. 2 Nr. 1 GKZ), entscheidet das Landratsamt. Bei allen übrigen unteren Denkmalschutzbehörden, also bei Landratsämtern, Stadtkreisen, Großen Kreisstädten und den Verwaltungsgemeinschaften nach § 14 LVG, die der Aufsicht des Regierungspräsidiums unterstehen (vgl. § 28 Abs. 2 Nr. 2 GKZ), entscheidet die höhere Denkmalschutzbehörde. In dieser Fassung wurde die Konfliktregelung mit Wirkung vom 1.1.1984 durch die Novelle zum DSchG vom 18.7.1983 (GBI. S. 378) eingefügt, mit welcher gleichzeitig die unteren Baurechtsbehörden zu unteren Denkmalschutzbehörden gemacht wurden (RN 4).
Die höhere Denkmalschutzbehörde entscheidet bei ihrer Konfliktentscheidung gemäß Abs. 3 Satz 1 nach Anhörung des Landesdenkmalamts. Dasselbe gilt für das Landratsamt. Es bedarf für seine Konfliktentscheidung keines Einvernehmens mit dem Landesdenkmalamt nach Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1, da es sich nicht um eine Entscheidung der unteren Denkmalschutzbehörde handelt. Die Konfliktentscheidungskompetenz des Landratsamts ist keine »normale« Zuständigkeit der unteren Denkmalschutzbehörde nach § 7 Abs. 4, sondern eine denkmalschutzrechtliche Zuständigkeit eigener Art, die dem Landratsamt zusteht. Sie ist inhaltlich gleichrangig mit der Devolutivzuständigkeit der höheren Denkmalschutzbehörde. Eine Bindung des Landratsamts an ein Einvernehmen mit der Behörde, über deren Konflikt mit einer anderen Behörde es entscheiden soll, würde die Konfliktentscheidungszuständigkeit des Landratsamts ins Leere gehen lassen.
Das Gesetz schreibt eine Pflicht des Landratsamts zur Beteiligung des Landesdenkmalamts bei seinen Konfliktentscheidungen nicht vor. Zur Sachaufklärung wird eine Anhörung der am Konflikt beteiligten Stellen (Landesdenkmalamt, untere Denkmalschutzbehörde) regelmäßig unabdingbar sein.

  [Die Änderungen am Denkmalschutzgesetz für Baden-Württemberg 2001]
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- 02.08.2010 -
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